Tachykardie, Bradykardie, Extrasystolen

Was der Puls für die Pflege bedeutet

Die Kontrolle und Beobachtung der Vitalzeichen ist eine der Grundaufgaben von Pflegekräften. Die Aussagekraft des Pulses ist dabei enorm: Sowohl die Regelmäßigkeit des Herzschlags, das Füllvolumen der Gefäße, die Herzfrequenz als auch die allgemeine Funktion von Herz und Kreislauf lassen sich mit dem Puls messen.[1] Relevant für Pflegekräfte sind vor allem pathologische Veränderungen der Herzfrequenz oder des Herzrhythmus. Was der Puls genau ist, welche relevante Veränderungen es gibt, wie man diese erkennt und wie man ein EKG anlegt, erfährst Du hier.

Die Windkesselfunktion

Der Puls entsteht durch die Kontraktion des Herzens. Dabei ist die Windkesselfunktion der Aorta ausschlaggebend für die fühlbare Druckwelle an der Arterienwand, die wir als Puls ertasten können. Während der Systole, also der Austreibungsphase des Herzens, weitet sich die Gefäßwand der Aorta, wodurch Blut einströmt und in der elastischen Aortenwand gespeichert wird. In der darauffolgenden Füllungsphase des Herzens, der Diastole, lässt der Druck in der Aorta nach. Dies führt dazu, dass sich die Gefäßwand wieder zusammenzieht und dadurch die vorher gespeicherte Blutmenge freigesetzt wird.[2]

Puls messen
Foto: Shutterstock/Inside Creative House

Aufgrund dieser Druckwelle kann der Puls an Arterien gemessen werden, die nahe an der Körperoberfläche liegen und gegen festes Gewebe gedrückt werden können. Man unterscheidet in der Messung den zentralen Puls, der an allen großen, herznahen Arterien getastet werden kann, und den peripheren Puls, der an kleineren Arterien getastet wird. Messorte für die zentrale Messung sind zum Beispiel die Leistenarterie (A. femoralis) oder die Halsschlagader (A. carotis communis). Bei der peripheren Messung wird häufig an der Speichenschlagader (A. radialis) oder der Kniekehlenarterie (A. poplitea) getastet. Bei der peripheren Messung ist zu beachten, dass schwache Pulswellen an den kleinen Arterien nicht immer getastet werden können und so beispielsweise Rhythmusveränderungen nicht auffallen. Bei Arrhythmien oder bei einem Schock wird deshalb an den zentralen Arterien gemessen.[3] Der Normwert liegt bei Erwachsenen bei 60 – 80 Schlägen pro Minute.[4]

Herzrhythmusstörungen

Von einer Herzrhythmusstörung, auch Arrhythmie genannt, spricht man, wenn die Herzfrequenz im Rahmen einer Brady- oder Tachykardie gestört oder der Herzschlagrhythmus unregelmäßig ist.[5]

Im Pflegealltag sind vor allem folgende Herzrhythmusstörungen relevant:

  • Bradykarde Herzrhythmusstörungen: Typisch sind eine erniedrigte Herzfrequenz (<60 Schläge/Minute) mit einer regelmäßigen oder unregelmäßigen Schlagfolge.
  • Tachykarde Herzrhythmusstörungen: Typisch sind eine erhöhte Herzfrequenz (>100 Schläge/Minute) mit einer regelmäßigen oder unregelmäßigen Schlagabfolge.
  • Extrasystolen: Durch eine abnorme Reizbildung entstehen zusätzlich zum normalen Herzrhythmus zusätzliche Schläge. Je nach Entstehungsort unterscheiden sich supraventrikuläre Extrasystolen (Entstehung im Vorhof oder im AV-Knoten) und ventrikuläre Extrasystolen (Entstehung in der Herzkammer).
Elektrokardiogramm mit Vorhofflattern
Foto: Shutterstock/TG23

So äußern sich Herzrhythmusstörungen

Neben einem umfassenden Beklemmungs- und Angstgefühl können folgende Symptome bei Herzrhythmusstörungen auftreten:[6]

  • Herzrasen
  • Herzstolpern
  • Blutdruckabfall mit Schwindel, Sehstörungen, Schwächegefühl
  • Kurzatmigkeit

So schreibst Du ein EKG

Ein EKG ist die graphische Darstellung der elektrischen Aktivitäten des Herzmuskels und wird häufig zur Diagnostik herangezogen. Es werden je nach Indikation verschiedene EKG-Typen unterschieden. Die beiden relevantesten Arten, ein EKG zu schreiben, sind folgende:

  • 3-Kanal-EKG: Dieses wird in der Regel zur kontinuierlichen Überwachung der PatientInnen oder zur Rhythmusdiagnostik genutzt.
  • 12-Kanal-EKG: Zur Diagnostik von pathologischen Herzrhythmusstörungen, wird ein 12-Kanal-EKG geschrieben.

Für die Standardüberwachung eines 3-Kanal-EKGs werden die Elektroden nach dem sogenannten „Ampel-Schema“ platziert.[7] Du beginnst mit der roten Elektrode (V1), die an der oberen rechten Thoraxseite mittig unterhalb des Schlüsselbeins platziert wird. Es folgt die gelbe Elektrode (V2), die an der oberen linken Thoraxseite mittig unterhalb des Schlüsselbeins platziert wird. Zum Schluss wird die grüne Elektrode (V3) an der linken Throraxseite in der mittleren Axillarlinie auf Höhe der Herzspitze angebracht. Beachte dabei, dass sich die Farben je nach Hersteller unterscheiden können.

EKG
Foto: Shutterstock/Pranav Kukreja

Soll ein 12-Kanal-EKG geschrieben werden, erfolgt dies üblicherweise wie folgt:[8]

  • V1 wird rechts neben dem Brustbein auf der Höhe des vierten Intercostalraums platziert.
  • V2 wird links neben dem Brustbein auf der gleichen Höhe wie V1 platziert.
  • V3 wird zwischen V2 und V4 auf Höhe der fünften Rippe platziert.
  • V4 wird auf dem Schnittpunkt des fünften Intercostalraums mit der linken Medioklavikularlinie platziert. Die Medioklavikularlinie verläuft von der Mitte des Schlüsselbeins senkrecht nach unten.
  • V5 wird auf der gleichen Höhe wie V4 auf der vorderen Axillarlinie platziert. Die vordere Axillarlinie verläuft von der Schulter vorne senkrecht nach unten.
  • V6 wird auf der gleichen Höhe wie V4 auf der mittleren Axillarlinie platziert. Die mittlere Axillarlinie verläuft genau unter der Schulter senkrecht nach unten.
12-Kanal-EKG
Foto: Shutterstock/kckate16

5 Fehler, die Du bei einem EKG vermeiden kannst[9]

  • Feuchte oder eingecremte Haut vor der Ableitung reinigen und trocknen.
  • Klebeelektroden auf Unversehrtheit überprüfen. Diese müssen gut an der Haut haften und dürfen nicht ausgetrocknet sein.
  • Haare an der Kontaktstelle zwischen Elektrode und Haut entfernen.
  • PatientInnen anweisen, während des EKGs ruhig zu atmen und sich nicht zu bewegen. Zittern kann zu Artefakten führen.
  • Elektrische Felder können zu Wechselstromkurven im EKG führen. Bei Geräten in der Nähe des EKG-Schreibers (z. B. elektrisches Patientenbett) sollten für die Zeit des EKGs – sofern möglich – die Netzstecker gezogen werden.

Fazit: Die Relevanz der Pflege

Das frühzeitige Erkennen von Herzrhythmusstörungen durch eine gezielte Patientenbeobachtung basiert auf dem Wissen um die spezifischen Rhythmusstörungen und deren Symptomatik. Keiner ist näher an den PatientInnen als Du. Erste Beschwerden werden demnach häufig an Pflegekräfte weitergegeben, die dann entsprechend handeln müssen. Wird eine schnelle Diagnostik benötigt, ist das Fachwissen einer EKG-Ableitung von Vorteil und erleichtert die diagnostische Abklärung von Herz-Kreislauf bedingten Beschwerden.

Quellen

[1] Sitzmann, Franz: Puls und Blutdruck – Grundlagen aus Pflege- und Bezugswissenschaften. In: Thiemes Pflege. Das Lehrbuch für Pflegende in Ausbildung. Hrsg. v. Susanne Schewior-Popp, Franz Sitzmann, Lothar Ullrich. 13. aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG 2017, S. 526.

[2] Vgl. Sitzmann, Franz: Puls und Blutdruck – Grundlagen aus Pflege- und Bezugswissenschaften. In: Thiemes Pflege. Das Lehrbuch für Pflegende in Ausbildung. Hrsg. v. Susanne Schewior-Popp, Franz Sitzmann, Lothar Ullrich. 13. aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG 2017, S. 523.

[3] Vgl. Sitzmann, Franz: Puls und Blutdruck – Grundlagen aus Pflege- und Bezugswissenschaften. In: Thiemes Pflege. Das Lehrbuch für Pflegende in Ausbildung. Hrsg. v. Susanne Schewior-Popp, Franz Sitzmann, Lothar Ullrich. 13. aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG 2017, S. 524.

[4] Vgl. Schäfer, Andreas: Viel mehr als nur Blutdruck- und Pulsmessen. In: Die Schwester. Der Pfleger 9 (2016).

[5] vgl. Kluthke, Robin/ Wickenbrock, Ingo/ Perings, Christian: Herzrhythmusstörungen. In: Praxis der Intensivmedizin. Konkret, kompakt, interdisziplinär. 3. Auflage. Hrsg. v. Wolfram Wilhelm, Samir G. Sakka. Berllin: Springer-Verlag GmbH Deutschland 2023, S. 646.

[6] Vgl. Grünewald, Matthias/ Hoehl, Mechthild/ Kobbert, Elke/ Terodde, Heiner: Pflege von Patienten mit Erkrankungen des Herz-Kreislauf- und Gefäßsystems. In: Thiemes Pflege. Das Lehrbuch für Pflegende in Ausbildung. Hrsg. v. Susanne Schewior-Popp, Franz Sitzmann, Lothar Ullrich. 13. aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG 2017, S. 899-904.

[7] Vgl. Welk, Ina: Überwachung, Monitoring und Dokumentation. In: ATA-Lehrbuch. Ausbildung zur Anästhesietechnischen Assistenz. Hrsg.v. Wolfgang Koppert, Markus Eiß, Sirka Nitschmann, Stefan Rabenbauer, Margret Liehn. Berliln: Springer-Verlag GmbH 2024, S. 378.

[8] Vgl. Welk, Ina: Überwachung, Monitoring und Dokumentation. In: ATA-Lehrbuch. Ausbildung zur Anästhesietechnischen Assistenz. Hrsg.v. Wolfgang Koppert, Markus Eiß, Sirka Nitschmann, Stefan Rabenbauer, Margret Liehn. Berliln: Springer-Verlag GmbH 2024, S. 378-379.

[9] Vgl. Welk, Ina: Überwachung, Monitoring und Dokumentation. In: ATA-Lehrbuch. Ausbildung zur Anästhesietechnischen Assistenz. Hrsg.v. Wolfgang Koppert, Markus Eiß, Sirka Nitschmann, Stefan Rabenbauer, Margret Liehn. Berliln: Springer-Verlag GmbH 2024, S. 379.

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