Laut Statistischem Bundesamt hat mehr als jede vierte Person in Deutschland einen Migrationshintergrund – Tendenz steigend. Diese Entwicklung zeigt, wie wichtig kultursensible Pflege ist. Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen haben unterschiedliche Anforderungen und Bedürfnisse an die Pflege allgemein sowie an Pflegekräfte im Speziellen. Eine kultursensible Pflege kann helfen, einen respektvollen Umgang mit kulturellen Werten im Pflegealltag zu schaffen.
Bedeutung für die Pflege
Pflege ist nicht gleich Pflege. Jede Person versteht unter guter Pflege etwas anderes. Maßgeblich zu dem Pflegeverständnis und den Bedürfnissen der Person tragen individuelle Prägungen wie kulturelle Werte, Religion oder Sozialisation bei. Um einen respektvollen Umgang mit den Pflegebedürftigen zu gewährleisten, ist die Beachtung des kulturellen Hintergrundes wichtig.
Interkulturelle Kompetenz wird bereits in der Pflegeausbildung vermittelt, damit Pflegende Unterschiede zwischen den Kulturen kennenlernen und wertschätzen. Innerhalb der Beziehung zwischen Pflegebedürftigem und Pflegekraft kann ein interkulturelles Verständnis zu einem erhöhten Vertrauens- und Sicherheitsgefühl führen.
Vorurteile, Bürokratie und fehlende Reichweite
Die kultursensible Pflege setzt sich zum Ziel, Menschen jeder Kultur einen gleichberechtigten Zugang zur Pflege zu ermöglichen. Offiziellen Zahlen zufolge nehmen Menschen mit Migrationshintergrund professionelle Pflegeleistungen jedoch seltener in Anspruch. Nicht nur sprachliche Barrieren, sondern auch die Sorge um das Verständnis kultureller Bedürfnisse und inadäquates, schlecht zugängliches Informationsmaterial stellen für viele Menschen eine Hürde dar.
In der Praxis fehlt es oft an interkulturellen pflegerischen Konzepten: Unübersichtliche Hilfsangebote, Unkenntnis über fremde Kulturen, starre Vorurteile, das Fehlen von Übersetzungsmöglichkeiten vor Ort oder mehrsprachigem Fachpersonal sind nur einige Gründe, die zur Diskrepanz zwischen Vorstellung und Realität in der interkulturellen Pflege führen.
Drei wertvolle Tipps für den Pflegealltag
- Informiere Dich: Betreust Du PatientInnen aus einem anderen Kulturkreis, setze Dich in einem Gespräch, vielleicht sogar dem Anamnesegespräch, mit Erwartungen und Bedürfnissen der pflegebedürftigen Person auseinander. Kommt es zu Problemen bei der Verständigung, kann ein Übersetzer helfen oder deutschsprachige Angehörige, sofern dies von der pflegebedürftigen Person gewünscht ist. Besteht ein gutes Verhältnis zu den nahen Angehörigen, können diese helfen, Dich über kulturelle Besonderheiten aufzuklären. Bildzeichen oder Piktogramme können bei kommunikativen Hürden im Pflegealltag helfen.
- Dokumentiere Besonderheiten: Du weißt jetzt über die kulturellen Bedürfnisse Deines Patienten bzw. Deiner Patientin Bescheid. Damit Dein Wissen nicht untergeht und auch die anderen Pflegekräfte im Bilde sind, ist es wichtig, alles Wichtige im Pflegeplan festzuhalten. Gibt es Lebensmittel, die die pflegebedürftige Person nicht essen darf? Gibt es Wünsche nach einer gleichgeschlechtlichen Pflege? Gibt es bestimmte Feste oder Bräuche, deren Feier oder Einhaltung wichtig für die Person sind?
- Zeige Verständnis: Im Pflegealltag herrscht Stress und einiges fällt in dem ganzen Trubel oft aus dem Blick. Im Team sollte trotzdem versucht werden, auf kulturelle Bedürfnisse und Wünsche zu achten. So kann man den BewohnerInnen beispielsweise die Ausübung religiöser Rituale ermöglichen oder die Ernährung an die Gewohnheiten der pflegebedürftigen Person anpassen. Die Erarbeitung eines interkulturellen Konzeptes kann bei der Umsetzung helfen.
Kultursensible Pflege als Prozess
Jeder Mensch ist anders und genauso individuell ist auch die Pflege auf den pflegebedürftigen Menschen abgestimmt. Wertschätzung, Respekt und Verständnis der menschlichen Einzigartigkeit machen die kultursensible Pflege aus, indem verstärkt auf persönliche, kulturelle oder religiöse Bedürfnisse eingegangen wird. Innerhalb verschiedener Einrichtungen gibt es immer häufiger interkulturelle Konzepte, die die Umsetzung kultursensibler Pflege erleichtern sollen.
Als Pflegekraft kannst Du nicht alles wissen, aber Du kannst mit den pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen ins Gespräch kommen. Die Beziehung zwischen Pflegekraft und zu pflegender Person profitiert durch die Auseinandersetzung mit Identität, Herkunft und den damit einhergehenden kommunizierten Wünschen, um der pflegebedürftigen Person auch in schwierigen Zeiten ein würdevolles Leben zu ermöglichen.