Der demographische Wandel schreitet voran und macht auch vor dem Berufsfeld der Pflege nicht Halt. Die steigende Pflegebedürftigkeit bildet zusammen mit dem Fachkräftemangel einen Teufelskreis: Die pflegebedürftigen Menschen werden immer älter, die Pflegenden aber auch. Pflegekräfte werden auf allen Stationen, in allen Einrichtungen dringend benötigt. Dabei stellt sich die Frage: Kann es gelingen, bis zur Rente in der Pflege zu arbeiten?
Projektbericht der BWG sagt uns, wie es geht
In dem 2022 veröffentlichten Projektbericht „Ein Leben lang in der Pflege“ von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BWG) wurde untersucht, welche Voraussetzungen gegeben sein müssten, um den Beruf in der Pflege bis zur Rente auszuüben. [1] Insgesamt wurden 61 Pflegekräfte der Altersgruppe 50+ in Einzelinterviews und Gruppendiskussionsverfahren in einem Zeitraum von einem Jahr – von Januar 2020 bis Januar 2021 – befragt. Ziel der Arbeit ist es unter anderem, Faktoren aufzuzeigen, die förderlich für das Älterwerden und somit für ein langes Berufsleben in der Pflege sind. Folgende Aspekte sind des Berichtes zufolge besonders wichtig: [2]
Arbeitszeitmodelle neu denken
Die Patientenschelle oder das eigene Telefon: Wenn es klingelt, heißt das meist nichts Gutes. Vor allem kurzfristige Dienstplanänderung und die Bitte, einzuspringen, sind häufig der Grund für Anrufe von der Arbeit. Daher verwundert es nicht, dass ein besonders wichtiger Aspekt für Pflegekräfte eine zuverlässige Dienstplangestaltung sei. Ebenso wichtig sei unter anderem eine individuelle Anpassung des Arbeitsprofils, da die steigenden körperlichen Belastungen vor allem für ältere Pflegekräfte nur noch schwer zu kompensieren seien und der Bedarf an Erholungszeit mit dem Älterwerden zunehme. Dazu gehört beispielsweise ein Arbeitszeitenmodell, das eine Alternative zu dem Drei-Schicht-System bietet.
Kommunikation und Zusammenhalt
Eine gute Arbeitsatmosphäre stellte sich als einer der dominantesten Aspekte für eine lange Berufszufriedenheit heraus. In der Gemeinschaftlichkeit werden Arbeitsbelastungen besser bewältigt; feste AnsprechpartnerInnen helfen in schwierigen Situationen – im Sinne der Fürsorglichkeit – das Gefühl des Zusammenhalts zu steigern.
Nichtsdestotrotz haben auch Wertschätzung und Anerkennung in der Diskussion um die Arbeitsbedingungen in der Pflege einen besonderen Stellenwert: Nicht nur die Dankbarkeit der PatientInnen, sondern auch das positive Feedback der Mitarbeitenden und Vorgesetzten kann zu einer guten Arbeitsatmosphäre beitragen. Auch das gemeinsame Besprechen von Problemen und Belangen werde als sehr wichtig eingestuft. Pflegekräfte geben alles, um eine qualitativ hochwertige Versorgung der PatientInnen sicherzustellen und ein Lob zeigt, dass sie als Person gesehen sowie die geleistete Arbeit wertgeschätzt wird. [3]
Flexibilität nicht nur bei den ArbeitnehmerInnen fordern
Pflegekräfte sind Menschen und haben ein Leben neben dem Beruf, das gelebt werden möchte. Freie Tage, die zum Ausschlafen oder dem Rhythmuswechsel von Nacht- in den Tagdienst genutzt werden, sind nicht förderlich für eine langfristige Zufriedenheit im Beruf. Eine individuelle Anpassung der Bedarfe, die im Dienstplan verlässlich berücksichtigt werden, unterstützen Pflegekräfte bei der Work-Life-Balance.
Gerade für ältere Mitarbeitende sind stabile Erholungsphasen und die Dienstplansicherheit besonders wichtig. Freie Tage müssen planbar sein, um eine bestmögliche Erholung zu bieten. Die Entlastung von Nachtdiensten sowie geringere Wochenarbeitszeiten sind nur einige Punkte, die der Arbeitgeber individuell nach den Bedürfnissen des Personals aushandeln könne. [4]
Körperliche und psychische Gesunderhaltung
Ein starker Rücken und ein gesundes Mindset helfen Pflegekräften, den Herausforderungen des Pflegeberufes gegenüberzutreten. Gerade hier können Angebote der Gesundheitsförderung oder entsprechende Fort- und Weiterbildungen unterstützend eingreifen, um den Fokus auf die eigene Gesunderhaltung zu lenken.
Das Unmögliche möglich machen
Bis zur Rente in der Pflege arbeiten: Das kann sich unter den heutigen Arbeitsbedingungen kaum eine Pflegekraft vorstellen. Viele haben sich für den Beruf in der Pflege entschieden, um andere Menschen bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit zu unterstützen und zu betreuen – das ist jedoch mit immer mehr psychischen und physischen Belastungen zu Lasten der Pflegekräfte verbunden, die wiederum dem Zeitdruck, der hohen Arbeitsbelastung und dem Fachkräftemangel geschuldet sind. Alles Faktoren, die nicht förderlich für eine lange Erwerbsfähigkeit sind. Gerade hierbei sind eine lebensphasenorientierte Unterstützung sowie eine bedarfsorientierte Entlastung der Pflegekräfte besonders wichtig, um eine Erwerbsfähigkeit auch im Alter zu gewährleisten.
Alternative Arbeitszeitenmodelle, feste AnsprechpartnerInnen und eine zuverlässige Dienstplangestaltung können das Unmögliche möglich machen: Einmal Pflege, immer Pflege.
