Als ganzheitlichen Pflegeansatz versteht man unter Basaler Stimulation ein Konzept, das das Befinden und die Aktivitäten der PatientInnen in den Mittelpunkt stellt. Pflegekräfte bieten den PatientInnen dabei Angebote an, um dessen Selbst- und Umgebungswahrnehmung zu fördern. Bei welchen Patientengruppen sich die basale Stimulation überhaupt eignet und wie die Implementierung in die pflegerische Praxis aussehen kann, erfährst Du hier.
Das Konzept im Überblick
Ausgehend von einem pädagogischen Konzept für schwerst- und mehrfachbehinderte Kinder und Jugendliche, hat sich die Basale Stimulation seit den 1970er-Jahren zu einem ganzheitlichen Pflegekonzept entwickelt. Die Pflegenden orientieren sich dabei an der Ganzheitlichkeit der PatientInnen, wobei davon ausgegangen wird, dass jede Äußerung des Menschen körperlicher Art ist und der Körper das Bezugssystem ist, über das wir kommunizieren – sei es über Gestik, Mimik oder die Muskelspannung. Um diese nonverbalen Signale zu erkennen und entsprechend zu reagieren, ist die Fähigkeit zur Empathie für Pflegekräfte unabdinglich.
Die entsprechenden Pflegemaßnahmen haben zum Ziel, die Wahrnehmung der PatientInnen zu fördern. Dadurch soll den kommunikations- und wahrnehmungseingeschränkten PatientInnen mehr Teilhabe geboten werden.
Das Konzept der Basalen Stimulation gliedert sich in zehn zentrale Lebensthemen. Diese Themen orientieren sich an der Individualität der PatientInnen und sollen eine Orientierungshilfe für geeignete Angebote sein. Diese Angebote werden in gemeinsamer Zusammenarbeit mit den PatientInnen abgestimmt, indem auf die Zustimmung bzw. Ablehnung auf allen Ebenen geachtet wird. [1]
Die zentralen Lebensthemen der basalen Stimulation sind:
- Leben erhalten und Entwicklung erfahren
- Das eigene Leben spüren
- Sicherheit erleben und Vertrauen aufbauen
- Den eigenen Rhythmus entwickeln
- Das Leben selbst gestalten
- Die Außenwelt erfahren
- Beziehungen aufnehmen und Begegnungen gestalten
- Sinn und Bedeutung geben und erfahren
- Selbstbestimmung und Verantwortung leben
- Die Welt entdecken und sich entwickeln
Es geht keineswegs darum, zu jedem Lebensthema Angebote zu erarbeiten und die PatientInnen mit einer Fülle von Impulsen zu überfordern, sondern individuelle Angebote, angepasst an den Bedarf der PatientInnen, zu machen und diese in ihrer Wirkung auf die PatientInnen zu evaluieren. [2]
Achtung: Nicht für alle ist die Basale Stimulation geeignet
Menschen, die in ihrem Bewusstsein und in ihrer Kommunikationsfähigkeit eingeschränkt sind, kann die Basale Stimulation helfen, ihre Wahrnehmung zu fördern. Daher ist die Basale Stimulation vor allem auf der Intensivstation in der Altenpflege, in der Pflege von Frühgeborenen, in der Neurologie oder auch bei Menschen mit Demenz weit verbreitet. Von der Basalen Stimulation profitieren Menschen, die mehrfachbehindert, schwerverletzt, desorientiert, gelähmt oder an Demenz erkrankt sind. In allen Fällen, wo die kognitive Orientierung und eigenständige Bewegung eingeschränkt sind, kann die Basale Stimulation wichtige Impulse setzen. Können sich PatientInnen selbst bewegen und sind diese kognitiv orientiert, werden basal stimulierende Pflegemaßnahmen in der Regel als irritierend wahrgenommen. [3]
Pflegemaßnahmen in der praktischen Umsetzung
So viel zu der Theorie. Aber wie sieht die praktische Umsetzung der Basalen Stimulation aus? Allgemein können basal stimulierende Maßnahmen täglich in die routinierten Pflegemaßnahmen eingebaut werden. Dabei ist nur darauf zu achten, dass eine Überstimulation verhindert wird.
Zu den Grundelementen der Basalen Stimulation gehören somatische, vibratorische und vestibuläre Maßnahmen. [4]
Somatische Maßnahmen
Hier wird sich auf empfindungsstimulierende Maßnahmen konzentriert. Berührungen innerhalb der Pflegemaßnahme können beispielsweise bei der Körperpflege durch die Nutzung von texturierten Waschlappen intensiviert werden. Somit wird die Körperwahrnehmung gefördert.
Vibratorische Maßnahmen
Hier können, im Rahmen der Mobilisation oder Körperpflege, die Hände der Pflegekraft am Körper des Patienten bzw. der Patientin in vibrierenden Bewegungen über den Rücken fahren, um die eigene Körpertiefe und -fülle fühlen zu lassen.
Vestibuläre Maßnahmen
Indem Du Dich neben die PatientInnen setzt und diese leicht hin- und herwiegst bzw. leichte Schaukelbewegungen ausführst, stimulierst Du den Gleichgewichtssinn und die Orientierung im Raum. Nicht zu unterschätzen ist ebenfalls die regelmäßige Mobilisation und der unterstützte Positionswechsel.
Neben den Grundelementen können auch Aufbauelemente ihren Weg in die tägliche und individuelle Pflegepraxis finden. Achte unbedingt darauf, nicht zu viele Angebote gleichzeitig zu machen, um eine Überstimulation zu vermeiden. Beachte ebenfalls nonverbale und verbale Zeichen der Zu- oder Ablehnung bei den Maßnahmen und passe diese gegebenenfalls an. Im Folgenden findest Du eine Auswahl an Aufbauelementen.
Orale Maßnahmen
Wird die zu pflegende Person künstlich ernährt oder isst diese wenig, kann es zur sensorischen Verarmung des Mundraums kommen. Um sensorische Reize zu setzen, kannst Du während der Mundpflege wohlschmeckende Flüssigkeiten nutzen, mit denen die Lippen der PatientInnen bestrichen werden. Alternativ kann auch mit Geschmack versetztes Wassereis zur Befeuchtung der Zunge genutzt werden.
Taktil-haptische Maßnahmen
Sind die PatientInnen wahrnehmungseingeschränkt, können taktile Reize helfen, die Umwelt erfahrbar zu machen. Beim Zähneputzen kann den PatientInnen die Zahnbürste in die Hand gegeben werden, Du umgreifst die Hand der hilfebedürftigen Person und führst diese mit der Zahnbürste in ihren Mundraum. Dadurch wird auch die Selbsterfahrung der PatientInnen unterstützt.
Visuelle Maßnahmen
Liegen PatientInnen oft und lange im Bett, sind visuelle Reize begrenzt vorhanden. Damit die PatientInnen nicht den ganzen Tag eine weiße Wand betrachten, können bunte Bilder oder Objekte helfen, neue visuelle Reize zu setzen. Achte dabei darauf, nicht zu viele verschiedene bunte Bilder zu mischen, sondern Dich auf wenige kontrastreiche Motive zu beschränken, um eine Überstimulation zu vermeiden.
Fazit: Warum auch Du als Pflegekraft von Basaler Stimulation profitierst
Innerhalb der Basalen Stimulation können alle Reize mit verschiedenen Maßnahmen angesprochen und stimuliert werden. Wie Du gelesen hast, könne selbst kleine Maßnahmen intensive Reizstimulationen begünstigen und somit die Wahrnehmung der PatientInnen fördern. Das bewusste Durchführen von Pflegemaßnahmen und das Erleben von positiver Bestätigung seitens der PatientInnen geben Dir als Pflegekraft ein Gefühl von Selbstwirksamkeit, das besonders in stressigen Diensten sehr wertvoll ist. Durch angepasste und individualisierte Pflegemaßnahmen kannst Du viel erreichen und die PatientInnen nachhaltig in seiner Selbstwahrnehmung und Orientierung fördern.