Wenn PatientInnen Pflegemaßnahmen nicht umsetzen oder Arztanordnungen nicht befolgen, wird oft von fehlender Adhärenz gesprochen. Auch der Begriff Compliance wird in diesem Zusammenhang häufig genutzt. Was sich hinter den Begriffen verbirgt und wie Du als Pflegekraft einen Beitrag zum Therapieerfolg leisten kannst, erfährst Du jetzt.
Der Unterschied zwischen Compliance und Adhärenz
Es werde Licht im Begriffs-Dschungel: Der Begriff Compliance bedeutet, dass PatientInnen im Rahmen der Therapietreue ärztliche und pflegerische Anordnungen ausnahmslos befolgen. Die Rolle der PatientInnen ist dabei passiv und hierarchisch: Entweder befolgt der Patient bzw. die Patientin die Anordnungen und ist damit compliant oder er verweigert die Maßnahmen und gilt als incompliant. Die Nutzung des Begriffs hat dabei auch immer eine wertende Komponente. Non-Compliance oder Incompliance wird mit „schwierigen“ PatientInnen gleichgesetzt, da die Gründe der Nicht-Befolgung von Therapiemaßnahmen nicht differenziert werden. Die passive Rolle der PatientInnen als stummer Befolger der festgelegten Maßnahmen impliziert Hierarchieverhältnisse und fehlende Kommunikation unter den Interaktionspartnern. In diesem Zusammenhang gilt der Begriff Compliance als veraltet und wird durch den Begriff der Adhärenz ersetzt.
Im Gegensatz zur Compliance sieht der Begriff der Adhärenz die PatientInnen als aktives Gegenüber in einer Behandlungsvereinbarung. Durch die Interaktion mit Behandelnden und zu Behandelnden wird ein gemeinsamer Fahrplan geschaffen, dem die PateintInnen zustimmen. Nicht nur die Einnahme von Medikamenten, auch Lebensstiländerungen oder die Befolgung von bestimmten Diäten fallen unter das Konzept der Adhärenz: Es beschreibt das Ausmaß, in dem das Verhalten der PatientInnen mit den vereinbarten Therapieempfehlungen übereinstimmt. Der Fokus liegt auf einer dialogischen Form der Kommunikation und Vereinbarung von Therapiemaßnahmen. [1]
Gründe für Non-Adhärenz
Non-Adhärenz bedeutet, dass die PatientInnen sich nicht an Therapievereinbarungen halten wollen oder können. Das kann unterschiedliche Ursachen haben; unverändert bleibt aber der Fakt, dass fehlende Adhärenz einer der häufigsten Gründe für ein Therapieversagen ist. Folgende Faktoren können die Adhärenz negativ beeinflussen: [2]
- Persönliche Faktoren wie ein geringes Gesundheitsverständnis, Ängste, fehlende soziale Unterstützung oder körperliche Beeinträchtigungen
- Finanzielle Faktoren wie hohe Kosten im Behandlungsverlauf durch benötigte Hilfsmittel oder Unterstützungsleistungen
- Krankheitsbedingte Faktoren wie schwere Symptome, Multimorbidität oder psychische Erkrankungen
- Umweltbezogene Faktoren wie schlechte Kommunikation mit den Behandelnden, Mangel an kontinuierlicher Pflege, fehlender Zugang zur Gesundheitsversorgung oder ein schlechtes Vertrauensverhältnis zu medizinischem Personal
Die Gründe für Non-Adhärenz können vielfältig und sehr individuell sein. Im Behandlungsverlauf sinkt die Adhärenz im Allgemeinen stetig. Wir haben Dir Tipps zusammengestellt, die Dir dabei helfen können, die Adhärenz Deiner PatientInnen zu steigern, um damit den Therapieerfolg positiv zu beeinflussen. [3]
5 Tipps für mehr Adhärenz im Pflegealltag
Pflegekräfte spielen eine zentrale Rolle bei der Steigerung der Adhärenz und damit auch bei der positiven Beeinflussung des Therapieerfolgs. Im Folgenden findest Du allgemeine Tipps, die zur Steigerung der Adhärenz beitragen können. Die entsprechenden Maßnahmen sollten dabei jedoch immer individuell an die Situation der PatientInnen angepasst werden. [4]
Patientenedukation
Damit ist nicht nur die Aufklärung über das Krankheitsbild und die damit einhergehenden Einschränkungen gemeint, sondern auch die Unterstützung bei der Selbstwahrnehmung, um Veränderung im Krankheitsverlauf zu bemerken. Die obligatorische Aufklärung über Nebenwirkungen der Therapie sollten Möglichkeiten zur Unterstützung und Bewältigung dieser nachfolgen.
Indem PatientInnen die Therapiemaßnahmen und deren Notwendigkeit versteht, wird auch die Motivation erhöht, diese zu befolgen. Durch eine umfassende Edukation werden auch die Autonomie und Eigenverantwortung der PatientInnen gestärkt. So können auch angebotene Schulungen den Therapieerfolg maßgeblich positiv beeinflussen.
Kommunikation
Der bzw. die PatientIn als gleichwertiger Kommunikationspartner ist ein aktives Mitglied im dialogischen Prozess der Therapieanpassung. Um eine individuelle Zusammenstellung von Maßnahmen zu gewährleisten, ist eine ehrliche Kommunikation wichtig. Nur so kann können PatientInnen die Therapie selbstwirksam mitgestalten. Vermeide medizinische Fachbegriffe und umständliche Formulierungen. Nutze bei fremdsprachigen PatientInnen, wenn möglich, Informationsmaterial in der Muttersprache oder ÜbersetzerInnen.
Beziehungsaufbau
Durch eine gute Kommunikation erfolgt der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung zu den PatientInnen schneller. PatientInnen sollten das Gefühl haben, ein gleichwertiger Partner im Therapieprozess zu sein und diesen mitgestalten zu können. Bei Schwierigkeiten in der Umsetzung oder Problemen können sie sich jederzeit an das medizinische Personal wenden. So können Faktoren, die zur Adhärenzminderung führen können, frühzeitig positiv beeinflusst werden.
Unterstützungsleistungen
Häufig stellt die Organisation des Alltags eine große Herausforderung für Patienten dar – vor allem, wenn es um langfristige Lebensstiländerungen geht. Aufgeklärte PatientInnen wissen um die Möglichkeiten von Hilfsmitteln und Unterstützungsleistungen; als Pflegekraft kannst Du dabei den Kontakt zu sozialdienstlichen Strukturen herstellen, die weitere spezielle Unterstützungsleistungen organisieren können.
Motivation steigern
Vor allem bei chronischen Erkrankungen ist viel Disziplin seitens der PatientInnen gefordert. Eine Lebensstilumstellung muss langfristig erfolgen und kann ein einschneidendes Ereignis darstellen. Hier ist es besonders wichtig, den PatientInnen die Ziele der Therapie und ihre Notwendigkeit aufzuzeigen. Nachvollziehbare Maßnahmen, die zu der Erreichung von kleineren Teilzielen führen, können die Motivation und den Durchhaltewillen der PatientInnen steigern.
Fazit: Ohne Adhärenz kein Therapieerfolg
Nicht nur, aber besonders bei chronischen Erkrankungen spielt die Adhärenz eine herausragende Rolle bei der Beeinflussung des Therapieerfolgs. Für viele Krankheiten ist eine langfristige Umstellung des Lebensstils essenziell; dafür bedarf es Konsequenz, Disziplin und Motivation. Die kommt aber nicht von ungefähr! Als Pflegekraft leistest Du einen wichtigen Teil im Therapieprozess, indem Du durch Aufklärung und die richtige Kommunikation das Verständnis der PatientInnen für die Therapie und damit auch die Motivation förderst. Damit bist Du ein wichtiges Glied im Therapieprozess, um den Therapieerfolg positiv zu beeinflussen.