Pflegeeinrichtungen sind oftmals ohnehin schon Orte der Bevormundung: Aus Unterbesetzung etwa werden die zu Pflegenden zu früh ins Bett gebracht, zu lange im Bett liegen gelassen, werden zu spät gewaschen oder müssen zu früh zu Abend essen. Manchmal sind aber sogar Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) notwendig – zum Schutze der PatientInnen. Und die stellen, bei aller Notwendigkeit, Pflegekräfte vor ein moralisches Dilemma und manövrieren die zu Pflegenden in einen Teufelskreis.
Was sind Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege?
Unter FEM in der Pflege versteht man alle Handlungen und/oder Vorrichtungen, die einen Menschen an der Ausübung seines natürlichen, potenziellen Fortbewegungswillens hindern und gegen seinen Willen durchgeführt werden. [1] Solche FEM umfassen zum Beispiel: Bettgitter, die PatientInnen daran hindern, das Bett zu verlassen, Fixiergurte, Entwendung von Gehhilfen und Medikamentengabe (etwa Sedativa ohne Anordnung/medizinische Notwendigkeit).
Wann sind FEM notwendig?
Die Notwendigkeit von FEM ist gegeben, wenn durch das Verhalten eines Patienten oder einer Patientin eine Fremd- oder Eigengefährdung vorliegt, wenn die Person zum Beispiel tätlich gegenüber andere PatientInnen oder Pflegekräfte wird, trotz Sturzgefahr permanent aufzustehen versucht oder sich bei Demenz oder im Delirium probiert, Zu- und Ableitungen zu entfernen. [2]
Was muss bei der Anwendung Freiheitsentziehender Maßnahmen beachtet werden?
Werden FEM ohne richterlichen Beschluss durchgeführt, ist immer eine Rechtfertigung notwendig, außerdem müssen die Maßnahmen von Beginn an dokumentiert werden. Befindet sich der Patient oder die Patientin in keiner akuten Gefährdungslage mehr, sind die Freiheitsentziehenden Maßnahmen sofort zu beenden. Und spätestens nach 24 Stunden oder sobald ersichtlich ist, dass eine Maßnahme regelmäßig und/oder auf Dauer notwendig ist, muss ein richterlicher Beschluss beantragt werden. [3]
FEM – ein Teufelskreis
So notwendig FEM auch sind, um Fremd- und Eigengefährdung einzudämmen, entwickelt sich daraus oftmals ein Teufelskreis. Nehmen wir zum Beispiel einen sturzgefährdeten Patienten. Verhält dieser sich regelmäßig unruhig und versucht, aus dem Bett zu steigen, muss er oftmals fixiert werden. Durch diese Fixierung kommt es aber zu einer verminderten Muskelkraft – wodurch wiederum die Sturzgefahr steigt.
Gleichzeitig erzeugen FEM bei den PatientInnen natürlich auch enormen Stress – wer wird schon gerne ans Bett gefesselt? [4] Damit einher steigen das Aggressions- und Frustpotenzial, und die Betroffenen wehren sich noch stärker als ohnehin schon gegen die Maßnahmen. [5] Und auch für die Pflegekräfte ist die Umsetzung der FEM alles andere als schön.
Alternativen zu Freiheitsentziehenden Maßnahmen
FEM greifen in die Grundrechte von PatientInnen ein, was bei Pflegekräften zu einer moralischen und ethischen Belastung führt. Insofern bietet sich an, wann immer möglich auf Alternativen zu FEM zu setzen, zum Beispiel auf: [6]
- Niederflurbetten
- Sturzhelme, Hüftprotektoren
- Alarm-/Sensormatten
- Anti-Rutsch-Socken
- Stolperfallen beseitigen
- Stabile Haltemöglichkeiten
- Gehhilfen