Kaum ein Tag vergeht, an dem in Deutschland nicht über die Pflegebranche berichtet wird. Doch wie wurde die Krankenpflege zu dem professionellen Beruf, den wir heute kennen? Von der Frühzeit bis heute: Komm mit auf eine Reise zu spannenden Stationen der Pflege-Geschichte und erfahre kurz und chronologisch, was Du unbedingt wissen musst.
Die Geschichte der Pflege ist so alt wie die Menschheit und vereint medizinische, soziale und theologische Einflüsse aller Epochen. Doch erst im 19. Jahrhundert wurde die Krankenpflege wirklich professionalisiert.
Pflege war früher Frauensache
Archäologische Funde bestätigen, dass die Krankenpflege schon vor rund 400.000 Jahren eine relevante Rolle spielte. Damals kümmerten sich die Frauen um die Versorgung der Alten, Kranken und Verletzten. [1] Neben der Kindererziehung halfen sie sich auch bei Geburten, woraus der Beruf der Hebamme entstand. Während sich im alten Orient noch keine Pflege außerhalb der Familie abzeichnete, wurden Kranke im alten Ägypten um 1550 v. Chr. bereits in Tempeln von Tempelfrauen und Priesterinnen versorgt, die eng mit den Ärzten zusammenarbeiteten. [2]
Erste Krankenpflegeschule
Die erste Krankenpflegeschule, in der ausschließlich männliche Krankenpfleger grundlegende Pflegemaßnahmen wie Lagern, Kochen, Körperpflege und Massage erlernten, wurde um 250 v. Chr. in Indien gegründet. Auch im Judentum war die Krankenpflege Bestandteil der Kultur. Vorschriften zur Hygiene und Ernährung finden sich in den Schriften Thora und Talmud. Darüber hinaus fordert die Zedaka, das jüdische Gebot der Wohltätigkeit und Grundlage der jüdischen Sozialarbeit, die Gläubigen zu guten Taten auf. [3]
Krankenpflege in der Antike
Unter dem Arzt Hippokrates von Kos entwickelte sich im antiken Griechenland die wissenschaftliche, von religiös-abergläubischen Bindungen befreite Medizin. [4] Die Krankenpflege war ein fester Bestandteil und Aufgabe der Ärzte. Lediglich die Grundpflege wurde zu Hause von den Frauen übernommen. Im alten Rom diente die Pflege vor allem der Erhaltung der körperlichen Leistungsfähigkeit der Soldaten. Mit dem Zerfall des Römischen Reiches um 391 n. Chr. und der Etablierung des Christentums als Staatsreligion entfaltete sich eine Pflege, die sich im Sinne der Nächstenliebe auf bedürftige Menschen außerhalb des eigenen Verwandtenkreises konzentrierte – und die Basis für die heutige Krankenpflege bildete. [5]
Krankenpflege im Mittelalter
Die Kreuzzüge brachten Seuchen wie Lepra und Pest mit sich. In der Folge wurden Krankenpflegegenossenschaften und Hospitalorden gegründet, in denen sich meist Laienbrüder um die Pflege der ansteckenden Kranken kümmerten. Mit der medizinischen Ausbildung an den Universitäten und der Entwicklung der Krankenpflege in den Klöstern trennten sich im 12. und 13. Jahrhundert die Bereiche. Das wissenschaftliche Denken setzte sich mit der Verstaatlichung der Klöster im 15. und 16. Jahrhundert auch in der Krankenpflege durch. Der wachsende Bedarf an Pflegekräften führte im 17. Jahrhundert zur Gründung neuer katholischer Pflegegemeinschaften wie dem „Orden der Barmherzigen Brüder“ des heiligen Vinzenz von Paul und später die Mutterhausverbände. Die Schwestern erhielten dort eine pflegerische Grundausbildung. Dabei waren sie der ärztlichen Leitung der Krankenhäuser unterstellt. [6]
Professionalisierung der Pflege im 19. Jahrhundert
Der medizinische Fortschritt, die steigenden Anforderungen an die Patientenversorgung, die Ausbildung des Personals sowie Kriege machten eine Professionalisierung der Pflege unumgänglich.
Zur Verbesserung der Kranken-Versorgung gründete Pastor Theodor Fliedner 1836 eine „Bildungsanstalt für evangelische Pflegerinnen“, die spätere Diakonissenanstalt Kaiserswerth. 1838 wurden die ersten Diakonissen zur selbständigen Arbeit in andere Regionen geschickt. Neben der fachlichen Ausbildung durch Ärzte verpflichteten sich die Diakonissen zu einer geistlichen Lebensform. Die englische Krankenschwester Florence Nightingale kritisierte die religionsabhängige Ausbildung und befand, dass es neben dem ärztlichen ein eigenständiges pflegerisches Wissen geben sollte. 1860 errichtete sie die erste konfessionell unabhängige Krankenpflegeschule und reformierte mit ihrem wegweisenden „Nightingalesches System“ die Pflegebildung. Der spätere Begründer des Deutschen Roten Kreuzes Henry Dunant wurde von Florence Nightingale beeinflusst. [7]
Entwicklung der Pflege-Geschichte ab dem 20. Jahrhundert
Mit Agnes Karll taucht der Begriff „Krankenschwester“ erstmals in der Geschichte der Krankenpflege auf. Die Reformerin der Krankenpflege gründete 1903 im Rahmen ihres Engagements für bessere, überkonfessionelle Arbeitsbedingungen die erste deutsche „Berufsorganisation der Krankenpflegerinnen Deutschlands sowie der Säuglings- und Wohlfahrtspflegerinnen“, den Vorläufer des heutigen DBfK (Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe), und setzte sich für eine dreijährige Ausbildung ein. Ein Jahr später entstand der Weltverband der Pflegeberufe ICN (International Council of Nurses). Der Wandel um 1900 gilt als Beginn der freien beruflichen Krankenpflege in Deutschland. Mit den beiden Weltkriegen kam es zu einem Bruch in der Entwicklung der Krankenpflege, die sich vor allem auf die Versorgung der Kriegsverletzten fokussierte. [8]
Mit der Einführung der dreijährigen Krankenpflegeausbildung 1965 sowie dem Berufsbild des Altenpflegers 1969 wurde der Professionalisierungsprozess erneut vorangetrieben. Die Ausbildung zur Krankenpflegehilfe sollte dem bereits damals herrschenden Personalmangel in der Pflege entgegenwirken. Im Jahr 2004 wurden die Berufsbezeichnung „Gesundheits- und Krankenpflege“ sowie erste Studiengänge an Hochschulen ins Leben gerufen. Die Ausbildungsreform 2020 führt die generalistische Pflegeausbildung ein und bringt die neue Berufsbezeichnung der Pflegefachfrau und des Pflegefachmanns mit sich. Bis heute gibt es immer mehr Spezialisierungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Die Corona-Pandemie stellte die Pflege erneut vor große Aufgaben. [9]
Was nehmen wir aus der Geschichte der Krankenpflege mit?
Menschen brauchen Pflege. Doch je selbstverständlicher etwas ist, desto weniger erkennen wir oft seinen Wert. Das Wissen um die Vergangenheit macht sensibler und schafft Verständnis für die Gegenwart. Autonomie der Pflegenden, bessere Bezahlung, höheres gesellschaftliches Ansehen: Agnes Karlls Ziele zur Stärkung der Pflege sind aktueller denn je. Von der Einrichtung der Pflegekammern bis zu modernen Studienangeboten war und ist es ein weiter Weg. Bis heute sorgen die Themen für Diskussionen.